Silent Season – wenn die Whisky Stills schweigen und die Brennereien durchatmen

Wer schon einmal im Sommer eine Whisky-Brennerei in Schottland besucht hat, kennt vielleicht die Enttäuschung: keine dampfenden Brennblasen, kein gärender Wash, keine fruchtigen Aromen in der Luft. Stattdessen: Ruhe. Und doch ist genau diese „Silent Season“ – die stille Jahreszeit – ein fester Bestandteil der Whisky-Tradition.

Ein Blick zurück: Warum die Stills im Sommer verstummen

Die Ursprünge der Silent Season reichen Jahrhunderte zurück. Früher begannen viele Bauern nach der Gerstenernte im September mit dem Destillieren. Die Whiskyproduktion lief dann den Winter über bis in den späten Frühling. In den Sommermonaten waren die Felder wichtiger – und das Brenngerät hatte Pause. Diese „stille Saison“ nutzte man schon damals für notwendige Reparaturen, Reinigung und Wartung.

Heute ist der Rhythmus geblieben, auch wenn sich die Gründe teils verändert haben. Moderne Brennereien wie Glengoyne oder Dewar’s Aberfeldy halten an dieser Tradition fest. Bei Glengoyne steht im Sommer die gesamte Produktion still, um Anlagen zu warten – einige der Maschinen sind dort seit Generationen im Einsatz!

Wartung, Wasser, Wertschätzung

Neben Instandhaltung spielt heute auch der Umweltschutz eine Rolle. Destillerien benötigen enorme Mengen Wasser – nicht nur für die Herstellung selbst, sondern auch für Kühlung und Reinigung. In besonders trockenen Sommern wird die Silent Season bewusst genutzt, um die natürlichen Wasserquellen zu schonen und sich langfristig nachhaltig aufzustellen.

Ein schönes Beispiel: Einige Destillerien legen die Silent Season gezielt in die trockensten Monate, um Flüsse, Quellen und Grundwasserreserven nicht zu überlasten. So wird Tradition mit Verantwortung verbunden.

Kein Whisky – trotzdem ein Erlebnis

Auch wenn während der Silent Season kein Whisky produziert wird, lohnt sich ein Besuch. Viele Brennereien wie Dewar’s Aberfeldy bieten in dieser Zeit besondere Einblicke hinter die Kulissen. Statt laufender Produktion sieht man dann etwa:

  • Handwerker beim Austausch riesiger Washbacks
  • Neue Brennblasen aus glänzendem Kupfer, die mit Kränen durch geöffnete Dächer gehoben werden
  • Fassmacher der Speyside Cooperage bei der Arbeit

Statt des gewohnten Produktionsrundgangs gibt’s oft einen tieferen Blick in die Technik – und zusätzlich meist ein großzügigeres Tasting oder reduzierte Eintrittspreise. Manchmal ist weniger einfach mehr.

Fazit: Die stille Zeit, die viel erzählt

Die Silent Season ist mehr als nur eine Pause. Sie ist ein Fenster in die Seele der Brennereien, ein Moment des Innehaltens – und für uns Whisky-Liebhaber die Chance, das Handwerk hinter dem Dram auf ganz neue Weise zu erleben. Vor einem Besuch lohnt sich ein Blick auf die Webseite der Brennerei oder ein Anruf beim Besucherzentrum um sicherzustellen das die Whisky Brennerei auch im gewünschten Zeitraum geöffnet hat.

Oder wie man in Schottland sagt:
„Today’s rain is tomorrow’s whisky.“

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